Der Leinwandsack [Sac à Distribution].


Lieferung an die Soldaten.

Das Règlement über die Bekleidung vom 1. Oktober 1786 (Abschnitt 11. Kleine Ausrüstungsstücke) legt fest:

Jeder Soldat wird darüber hinaus mit einem Leinwandsack für die Austeilungen [sac de toile pour les distributions] versehen, in den er sich zum Schlafen einwickeln kann.

Ebenso findet sich im Règlement über den Dienst im Felde vom 5. April 1792 (Abschnitt 1. Vorbereitungen etc.) die Angabe:

5. Jeder Soldat hat darüber hinaus einen Leinwandsack, der ihm dient, um zu den Austeilungen zu gehen, und in dem er sich zum Schlafen einwickelt [...].

Das Règlement über das Rechnungswesen vom 8. Floréal VIII [28. April 1800] (Abschnitt 5. Innere Verwaltung) bestimmt, daß der Leinwandsack nur in Kriegszeiten ausgeliefert werden sollte:

14. Es wird [...] jedem neu ausgehobenen Rekruten die nachfolgende Anzahl von Effekten geliefert:

- [...] ein Leinwandsack in Kriegszeiten.

Die Abmessungen von 1801.

Über das genaue Aussehen dieses Leinwandsackes, das Material und den Preis gibt uns die Entscheidung vom 4. Brumaire X [26. Oktober 1801] über die Abmessungen der Ausrüstungsstücke nähere Auskunft:

Leinwandsack [sac à distribution]. Aus Leinwand von ungebleichtem Hanf. Länge 4 pieds 10 pouces [157 cm], Breite 28 pouces [76 cm], Kappnähte [coutures rabattues] im Inneren und an der Öffnung. [Etatpreis:] 2 Francs 75 Centimes.

Der Leinwandsack wird also aus einer 314 cm langen Bahn ungebleichtem Hanfs in Leinwandbindung genäht, das 76 cm breit liegt. Die Nähte an den beiden Seiten sind sogenannte doppelte Kappnähte (klicken für Details).

Die Abmessungen im Königreich Italien 1807.

Es gibt außerdem noch eine Angabe in der "Beschreibung der Abmessungen der Bekleidungsgegenstände, der Ausrüstung, der Geschirre, der kleinen Montierungsstücke etc., übernommen von den Musterstücken, die gemäß § 5, Artikel 15 des Reglements vom 1sten Juli 1807 über die Verwaltung und das Rechnungswesen der Truppenteile bestimmt worden sind." Diese Beschreibung stammt aus dem Königreich Italien und wurde vermutlich 1809 gedruckt. Die Armee des Königreichs Italien war nach französischem Vorbild uniformiert und ausgerüstet, doch weichen die hier genannten Dimensionen etwas von denen der französischen Entscheidung vom 4. Brumaire X [26. Oktober 1801] ab:

Sack für Austeilungen [sacco per distribuzione]. Für alle Waffengattungen, Truppenteile und Dienstgrade.

Aus zwei gleichen Teilen, mittels Nähten verbunden, jedes aus ungebleichter Leinwand und 55 pollici [148,94 cm] lang und 30 pollici [81,24 cm] breit.

Eine Beschreibung aus dem Jahre 1813.

In seinen "Souvenirs de campagne du sergent Faucheur, Texte présenté par Jaques Jourquin", Paris 2004, S. 113, gibt uns der damalige Caporal Fourrier Faucheur im 26e régiment d'infanterie de ligne folgende Beschreibung vom Marsch seines Regimentes nach Sachsen im Frühjahr 1813:

In Mainz wurden uns die Ausrüstungsstücke für den Feldzug geliefert: jeder Mann, Dienstgrade genauso wie einfache Soldaten, erhielt einen großen Sack aus grober gelblicher Leinwand von Hanffäden. Dieser Sack, in den ein Mann bequem hineinpaßte, sollte uns in den Biwaks zugleich als Zelt, Matraze und Decke dienen.

Unterbringungsprobleme.

Im vorstehend bereits zitierten Règlement über den Dienst im Felde vom 5. April 1792 (Abschnitt 1. Vorbereitungen etc.) steht:

5. [...] dieser Sack wird, nachdem er fest zusammengelegt worden ist, zwischen den Körper des Tornisters und der äußeren Klappe, die ihn schließt, eingepackt, so daß er von ihr bedeckt ist.

Bardin in seiner 1813er Ausgabe des Handbuchs der Infanterie, gleichlautend auch in dem Instruktionskurs für die Unteroffizier-Schüler in Fontainebleau 1814, geht mehr ins Detail:

Leinwandsack [sac de toile]. Er kann außerhalb des Tornisters, über oder unter dem Mantel angebracht werden. Dafür muß er in einer entsprechenden Größe zusammengerollt werden; doch bietet diese Methode wenig Einheitlichkeit; außerdem würde es im Falle eines Unwetters den Soldaten zuviel Zeit kosten, gedrängt, sich mit seinem Mantel zu bedecken, diesen zu lösen und den Leinwandsack wieder festzumachen; wenn der Sack sich dann mit Regen vollsaugt, würde er um so mehr das Gewicht vergrößern und könnte aufgrund seiner Feuchtigkeit nicht mehr zum Schlafen dienen. Es erscheint praktischer, den Leinwandsack in dem oberen Teil des Tornisters einzuschließen, wo er eine Trennung zwischen den sauberen Teilen sowie den Schuhen und den zur Instandhaltung notwendigen Gerätschaften bewirkt.

Um ihn so unterzubringen, muß er in seiner ganzen Länge einmal gefaltet und dann locker zusammengerollt werden, so daß er sich plattdrückt und alle im Tornister untergebrachten Gegenstände bedeckt.

Doch wenn das Regiment im Mantel marschieren und den Rock im Tornister verstauen muß, ist es in diesem Fall erforderlich, daß der Leinwandsack mit Hilfe der Riemen für den Mantel [courroies de capote] auf der Tornisterklappe angebracht wird und daß der Rock, mit dem Futter nach außen gefaltet, an seiner Stelle im Inneren des Tornisters untergebracht wird.

Abrechnungsprobleme.

Schließlich gibt noch das folgende Rundschreiben des Directeur-Général vom 20. Januar 1808 einen schönen Einblick in die Hintergründe der Finanzierung und Probleme der Verwaltung:

Leinwandsäcke [sacs à distribution]. Nach Artikel 14 des Abschnitts 5 des Erlasses vom 8. Floréal VIII [vorstehend zitiert], und nach dem Artikel 24 des Erlasses vom 17. Frimaire XI [über die verschiedenen Fonds innerhalb eines Regiments], muß jedem Rekruten in Kriegszeiten ein Leinwandsack geliefert werden, für den die ersten Anschaffungskosten aus dem Fond für die Bekleidung [masse d'habillement] und die Kosten der Erneuerung aus dem Fond für Leinenwäsche und Schuhe [masse de linge et chaussures] bezahlt werden.

Doch wenn die Truppen nicht bei den Armeen sind, werden für die Zimmer der Unteroffiziere und Soldaten ebenfalls Leinwandsäcke geliefert, deren Anschaffungskosten weder im Règlement vom 8. Floréal, noch im Erlaß vom 17. Frimaire, noch in irgendwelchen der späteren Bestimmungen geregelt sind.

Ich habe den Ministre-Directeur de l'Administration de la Guerre auf diese Lücke in der Gesetzgebung hingewiesen.

Seine Exzellenz hat mir folgendes geantwortet:

"Im Felde erhält jeder Soldat einen Leinwandsack, und in Friedenszeiten wird nur einer für acht Mann ausgegeben.

"Ob nun aber die Anschaffung einzeln geschieht oder nur in Achteln, ist doch der Grundsatz derselbe; in dem einen wie dem anderen Fall muß die erste Anschaffung entsprechend den Vorschriften aus dem Fond für die Bekleidung geschehen, und die Erneuerung aus dem Fond für Leinenwäsche und Schuhe."

Daraus folgt, daß der Leinwandsack in Friedenszeiten, oder wenn ein Truppenteil nicht im Felde stand, nur für Austeilungen und nicht zum Schlafen verwendet wurde. Er war auch nicht nötig, da nach dem Règlement über die Unterbringung vom 12. Oktober 1791 (Artikel 30) zu einem Kasernenbett ein Bettgestell [couchette], ein Strohsack [paillasse], eine Matraze [matelas], ein Querkissen [traversin], ein Paar Bettlaken und eine Decke [couverture] gehörten. Die Matraze und das Querkissen waren mit Wolle und Roßhaar gefüttert.



Sans-Souci
und nützliche Hinweise von Hans-Karl Weiss

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